Eine Premiere der besonderen Art

Kategorie: Veranstaltungen

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Beim Seebad verführte ein amerikanischer GI (Stefan Weber) die Herrschinger Mädels (Claudia Czasny, Johanna Lishek) mit Zigaretten, Schokolade und Nylons

Das Ammerseer Bauerntheater spielt die Geschichte Herrschings von den Anfängen bis heute in sieben Akten – bei einem kurzweiligen Ortsspaziergang an jedem Dienstagabend bis 26. Juli!

Das ließen sich die Herrschinger nicht entgehen! Bei der Premiere der neuen Ortsführung am 21. Juni mit dem Ammerseer Bauerntheater waren mehr Herrschinger dabei als Touristen. Darunter Bürgermeister Christian Schiller und die zweite Bürgermeisterin Christina Reich. Zum ersten Mal seit der coronabedingten fast zweijährigen Spielpause standen die Schauspieler wieder auf der Bühne – in diesem Fall vor sieben lebendigen Kulissen an verschiedenen Plätzen in Herrsching.

„Es war einmal…“, so begann auch die Entstehungsgeschichte des Ammersees von Sagenerzählerin Esmeralda auf dem Steg vorm Bootshaus der Wasserwacht. „… ein mächtiges Schloss, das auf dem Schatzberg stand. Es wurde bewohnt von drei Fräulein – den drei Nornen. Nein, nicht Nonnen, sondern Nornen! Das sind schicksalsbestimmende weibliche Wesen“, berichtete Esmeralda, vielen der rund 40 Gäste bestens bekannt als Anja Seitz. Eine der Drei haderte so sehr mit ihrer Bestimmung, dunkelhäutig zu sein, dass sie nach dem gescheiterten Versuch eines Hirten, sie von dem Fluch zu erlösen, eine Sintflut über die Gegend schickte: Der Ammersee mit seinen 81 Meter an der tiefsten Stelle und 471 km² war geschaffen! Und natürlich liegt der Schlossschatz noch heute am Seegrund, wohlbehütet von einem grausigen Seeungeheuer.

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„Ja, ja, Esmeralda, jetzat verschreck mia doch ned de armen Sommerfrischler“, unterbrach sie rüde der Nepomuk (Alexander Tropschug), hauptberuflich Heizer auf den Dampfern des Sees, und stellte sich als Reiseleiter, Ortsführer und Herrschinger G’schichtenerzähler vor. Bei ihm ging’s los zur Zeit von Karl des Großen (768 bis 814), als der Landstrich zwischen dem Ammersee und dem Würmsee „der Huosigau“ hieß. Warum? Weil der erste Besitzer Herrschings der mächtigen Grafenfamilie, den Huosiern, entstammte, welche zu Oberhausen bei Weilheim ihren Sitz hatten. Huoiser Isenhart schenkte Herrsching dem Kloster Schlehdorf – urkundlich erwähnt im Jahr 776, dem offiziellen Gründungsdatum Herrschings. Es folgte eine bewegte Geschichte mit wechselnden Eigentümern und Namen: „Horschingen“, „Hörsching“ und Hersching, damals nur mit einem R. „Um 1800 rum warn man no oa kloans weltabgeschiedenes Fischer- und Bauerndorf mit 450 Einwohnern“, fuhr Nepomuk fort.

„Um 1800 war Herrsching da oiwai no a richtiga Kuhstoi mit 52 Bauernhöfe“

Ortsführer Nepomuk

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Seit dem Bau der Bahnstrecke Anfang des 20. Jahrhunderts ging es mit Herrsching aufwärts. Die zweite Szene vor dem Restaurant Seespitz katapultierte die Gäste gleich mitten in die 40er, 50er Jahre. „Hier steh’n wir vor dem berühmten Lokal der Sommerfrischler-Schicki-Micki, betrieben durch den weltbekannten Sänger Rudi Schuricke“, kündigte der Ortsführer an. Aus mitgebrachten Lautsprechern ertönte plötzlich die Melodie „Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt“, am Ufer drehte sich mit einem Mikrofon in der Hand singend die Gestalt Rudi Schurickes (Gerd Neumann) um, zwei Mädls (Claudia Czasny, Johanna Lishek) schmachteten ihn an. Schließlich schickte Nepomuk den singenden Gastronom wieder raus auf den Friedhof, wo er 1973 im Alter von 60 Jahren seine verdiente Ruhe fand.

Nicht unerwähnt bleiben durfte die Zeit kurz nach dem 2. Weltkrieg, als die Amerikaner im Hotel Steinberger residierten. Die Szene spielte unweit des Ammerseehotels vor einem der ehemals drei Seebäder. Jazzmusik erklang, ein GI (Stefan Weber) trat auf und verführte die Herrschinger Mädels mit Zigaretten, Schokolade und Nylons. Die Theater-Companie hatten die Szenen für den kurzweiligen 90 Minuten Walk in kleinen Grüppchen jeweils selbst erarbeitet und geschrieben. Dabei stützten sie sich auf historisches Material, das Ortsarchivarin Friederike Hellerer zur Verfügung gestellt hatte.

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Weiter ging‘s auf der längsten Seepromenade Deutschlands zum „magischen Dreieck der Entstehung des Tourismus in Herrsching: Dampfer mit Seehof, Kurparkschlösschen und dem Bahnhof“, so Nepomuk. Schon schlenderte der Kapitän (Dieter Veicht) vorbei, der von der damaligen Seeschifffahrt berichtete. Der Dampfbetrieb erforderte sechs Leute pro Auslauf, 25 Zentner Kohle wurden verfeuert – für zwei Fahrten pro Tag! Als die Gruppe am Kurparkschlösschen ankam, saßen dort bereits der, so Nepomuk, „na ja mittelbegabte“, Kunstmaler Ludwig Scheuermann (nochmal Stefan Weber) und zwei seiner Modelle. „Hier seh‘n wir eins der Wahrzeichen Herrschings, die Scheuermann-Villa oder vo de Hiasigen (Einheimischen) ‚Kurparkschlössl‘ benannt“. Scheuermann hatte dieses Areal 1888 erworben, 1934 verkaufte Sohn Erich den Besitz an die Gemeinde Herrsching.

Nach einer Stippvisite bei der evangelischen Erlöserkirche endete der historische Spaziergang im Biergarten des 1905 erbauten Bahnhofshotels, heute „Andechser Hof“. Hier erfuhr das Publikum noch was zur Bahngeschichte, die am 1. Juli 1903 mit der Lokalbahn von München nach Herrsching begann. „Lange Zeit war es gar net so sicher, dass die Bahn nach Herrsching kommt“, verriet Nepomuk. Wer wissen will warum, kommt einfach zur nächsten Ortsführungen des Bauerntheaters immer dienstags im Juli – nur bei schönem Wetter!

Ammerseer Bauerntheater Herrsching
Vorhang auf zur zweiten Herrschinger Ortsführung!
Treffpunkt 19 Uhr an der Wasserwachtstation Herrsching
(hinter dem Herrschinger Segelclub)
Termine immer am Dienstag:
12.07. / 19.07. / 26.07.2022

Nehmen Sie sich die Zeit!
Kommen Sie einfach ohne Vorverkauf oder Reservierung an einem Dienstag vorbei!

Für Sie berichtete Petra Schmieder.

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