„In München gab es so was nicht!“

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Mit Narrenkappe und Eselohren: Pfarrer Ulrich Haberl am Faschingssonntag

Neuer evangelischer Pfarrer hielt seine erste Narrenpredigt

„Unser Herr Pfarrer geht heute als Narr, er schüttelt die Wörter, reimend betört er uns fromme Schäfchen, das wird hier jetzt Brauch“, sang die dreistimmige Schola zu Beginn des Gottesdienstes am Faschingssonntag, 14. Februar, von der Empore der evangelischen Erlöserkirche. Eine kobaltblaue Zipfelkappe auf dem Kopf, an deren Eselohren Schellen klingelten, betrat Pfarrer Ulrich Haberl wenig später den Altar und eröffnete mit einem „Potzblitz, das gab es wirklich gar noch nie. Hier sitzt die fromme Schar komplett maskiert!“ seine erste Narrenpredigt im neuen Gemeindegebiet. Rund 40 Besucher – mehr lässt das kirchliche Hygienekonzept derzeit nicht zu – waren höchst gespannt, was sie erwartete. „In München gab es so was nicht! Ich hab´ dort meine Narren-Gstanz´l 20 Jahre lang von der Kanzel vor meinen Schäfchen präsentiert. Doch nie waren dort alle maskiert.“ Doch er hatte sich zu früh gefreut: „Ich dachte schon: Ihr seid so toll! Ich war fast schon des Lobes voll“, als er bei genauerem Hinsehen enttäuscht entdecken musste: „Warum habt ihr euch bloß so langweilig und einfallslos maskiert, in ödem Einerlei? Wohin ich schau: FFP2!“

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Hätte sich der Narr im Pfaffen doch viel mehr an bunten, kecken Kostümen erfreut. Stattdessen sah er Gottesdienstbesucher, die „echt erbärmlich, depressiv, elend und ärmlich“ ausschauen mit ihrer faden Mundnasenbedeckung. Da blieb ihm nur festzustellen: „Es ist ja so. Wir alle wissen: Die Lage ist total … bescheiden.“ Verbreitet das Virus doch großes Ungemach in jedermanns Alltag und „welch ein Graus! – nutzt uns‘ren Wunsch nach Nähe aus.“ Der Narr wusste: „Dass wir Begegnungen vermeiden, verursacht ja auch große Leiden. In Schulen, Firmen, Altersheimen. Ich hör jetzt besser auf zu reimen.“ Viel lieber mochte sich der Possenreißer daran erinnern, was aus der Misere helfen könnte: „Mir fällt ein, wenn ich überleg‘, als erstes natürlich: Das Impfen. Als zweites: Nicht so rumzuschimpfen.“ Der Seelsorger im Narrenkostüm ahnte zugleich, dass seine Schäfchen langsam den Mut verlieren: „Doch weil die Krise so lang dauert, sind alle total ausgepowert. Der steigende Corona-Frust befördert immer mehr die Lust zum Rumnölen und Besserwissen.“ Davon bleibt sogar der Prediger nicht verschont: „Wir ham sogar ´ne riesen Meise. Die Streiterei ist wirklich – nicht weise. Nur noch Corona auf dem Schirm! Davon besetzt das ganze Hirn!“ Dagegen kann nur Humor helfen: „Ein weiser Narr, der findet Sachen, die uns‘re Seele lachen machen.“

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Und da Pfarrer Ulrich Haberl nicht in der Bütt beim Saalfasching sprach, sondern vom Altar der Erlöserkirche, fuhr er fort: „Den Grund für dieses tiefe Lachen, den können wir nicht selber machen. Es gründet in einem Vertrauen, das wir allein im Glauben schauen.“ Dieser „macht uns leichter manche Plage“, so dass „die Tränen jetzt sind wie ein Samen. Das Lachen ist die Ernte. Amen.“ Narr Haberl schloss mit einen Traum, „ihn auszusprechen, wag ich kaum. Im nächsten Jahr, die Narrenmesse, die feiern wir ohne Tristesse, sondern bunt, dass es quietscht und kracht. Und dann wird hemmungslos gelacht. Wir werden singen, schunkeln, johlen, ohne Angst vor Aerosolen.“ Sein Wunsch fand schließlich lautstarken Zuspruch durch die Gemeinde, die ihrem närrischen Pfarrer mit einem anhaltenden Applaus dankte.

Für Sie berichtete Petra Schmieder.

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