Der Klimawandel und die Bayerische Landwirtschaft – im Gespräch mit Agrarwissenschaftler Senthold Asseng

Kategorie: Veranstaltungen

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Gefahren, Risiken und neue Herausforderungen

„Früher oder später sind alle betroffen vom Klimawandel und der Landwirtschaft kommt dabei sicherlich eine Schlüsselrolle zu“, meinte der Leiter des Hauses der Bayerischen Landwirtschaft, Gunther Strobl, bei der Begrüßung zur Online-Gesprächsrunde über den Klimawandel und die Bayerische Landwirtschaft. Aber: jeder könne und müsse etwas beitragen, denn „die Klimawelle rollt auf uns zu, ohne dass am Ende eine Impfung bereitsteht“ . Ein Zitat von Alois Glück, dem Redner der letzten Gesprächsrunde und ein guter Aufhänger für das aktuelle Thema mit Prof. Senthold Asseng. Der Agrarwissenschaftler wurde 2020 nach München berufen und ist seit diesem Jahr auch Direktor des Hans Eisenmann-Forum für Agrarwissenschaften an der Technischen Universität München. Sein Interesse gilt vornehmlich der Entwicklung mathematischer Modelle und Computersimulationen, in denen er prüfen kann, wie landwirtschaftliche Systeme auf unterschiedliche Klima­bedingungen reagieren und wie nachhaltig sie sind. Am Computer ungleich schneller als in der Praxis, aber gleichwohl nur in enger Verzahnung mit der Praxis wirklich sinnvoll.

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Der Osten Deutschlands beklagt schon seit mehreren Jahren in Folge große Ernteausfälle durch anhaltende Trockenheit. Extremwetter vernichten Pflanzungen und milde Winter begünstigen die Ausbreitung von Schädlingen und Unkräutern. Der Klimawandel ist unbestreitbar in Deutschland angekommen und kaum eine Branche ist so stark vom Wetter abhängig wie die Landwirtschaft. Ein Berufszweig aber auch, der durch den hohen Bevölkerungsdruck vor großen Herausforderungen steht. Lebte 1820 noch ca. 1 Milliarde Menschen größtenteils in armen Verhältnissen auf der Erde, gilt es heute 7 Milliarden zu ernähren, von denen die große Mehrheit gut versorgt ist. Eine starke Leistung, die aber nicht nachhaltig vonstatten geht. Bodenverdichtung, Erosion, Rückstände von Dünger und Pestiziden: Faktoren, mit Einfluss den Klimawandel. „Wenn die Weltgemeinschaft so weiter macht wie bisher, wird die Temperatur bis zum Ende des Jahrhunderts um 4 bis 5 Grad steigen“, sagt Asseng. Welche Änderungen damit einhergehen und was für Alternativen möglich sind – das will seine Arbeitsgruppe mit Hilfe der simulierten Pflanzen-Wachstums-Modelle verstehen, Mit deren Hilfe er eine komplette Saison innerhalb einer Sekunde am Computer simulieren kann, inklusive unterschiedlicher Einflussfaktoren wie Boden, Ozon, Licht, CO2, Niederschlagsmenge, Temperatur u.a. Wo man in kurzer Zeit mögliche Varianten durchspielen kann und damit auch Ideen für die Zukunft der Landwirtschaft zu entwickeln.

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Als Beispiele nannte der Agrarwissenschaftler Digitalisierung. Bilder von Drohnen und Satelliten zu nutzen, um gezielt Dünger auszubringen und schnell zu reagieren. Indoor Farming mit dem Vorteil der Unabhängigkeit von Klima und Jahreszeit, keine Pestizide und deutlich weniger Flächenverbrauch bei lokaler Produktion. Allerdings: hoher Stromverbrauch, der evtl. durch Solaranlagen aufgefangen werden könnte. Vertical Farming, das ungleich weniger Flächenverbrauch beansprucht. Mögliche Lösungen sieht Asseng in der Verbindung und Zusammenarbeit von Forschung und Praxis und Verständnis für neue Methoden wie das Vertical Farming wecken. Hier sieht er seine persönliche Aufgabe in der TUM.

In der folgenden Diskussion wurden mehrere Problembereiche angesprochen, wie z.B. durch den Landwirt Max Kollner das starke Bevölkerungswachstum. Bis 2050 müsse 50% mehr durch die Landwirtschaft produziert werden – alleine durch Vertical Farming? Aktuell gingen 30% aller Nahrungsmittel verloren und 2 Milliarden Menschen seien stark übergewichtig – es sei also wichtig, auch die Bedürfnisseite unter die Lupe zu nehmen. Dringend anzugehen sei auch der Wasserverbrauch durch die Landwirtschaft, die etwa 2/3 des Oberflächenwassers verbraucht und somit ein gefährliches Absinken des Grundwassers mit verursacht. Auch der Präsident des Bayerischen Bauernverbands, Walter Heigl, betonte, dass man erkennen müsse, welche Folgerungen aus der Forschung zu ziehen seien: die Verzahnung von Theorie und Praxis.

Für Sie berichtete Barbara Geiling. Foto: Pixabay.

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