Gereimte Narreteien von der Kirchenkanzel

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Pfarrer Ulrich Haberl im Kostüm des Narrenpredigers am Faschingssonntag

Evangelischer Pfarrer Uli Haberl predigte am Faschingssonntag im Narrenkostüm von der „Zeitenwende ohne Ende“

Wer winkt denn da vom Altar? Rotes Jackett, Clownsfliege und breites Lächeln im Gesicht! Ja, tatsächlich, es ist der Pfarrer der evangelischen Dreiseengemeinde! Am Faschingssonntag 2023 hatte Ulrich Haberl wieder seinen besonderen Auftritt. Zunächst ließ er sich von Mesner Enno Müller-Spaethe – auffällig umständlich – in den Talar helfen. Das brachte ihm bereits die ersten Lacher aus den Kirchenbänken. „Seit mehr als 20 Jahren habe ich am Faschingssonntag nicht mehr gepredigt. Das überlasse ich stets einem Gast, dem ich mich eng verbunden fühle“, führte Haberl in den Gottesdienst ein. Nach Begrüßung und Psalmspruch („Wir warten auf einen neuen Himmel und eine neue Erde, nach seiner Verheißung, in denen Gerechtigkeit wohnt“) sowie den ersten Liedern, die Haberl teils eigens textlich adaptierte, verschwindet er für einen Augenblick, um kurz darauf als Alter Ego wieder aufzutauchen.

„Helau hier in die fromme Runde! Der Narr hat für euch frohe Kunde: Die dürre Zeit, sie ist zu Ende. Die Faschingspredigt bringt die Wende“, hob der mit Eselsohren geschmückte Narr vor der Schar von rund 150 Besuchern an. Er sorgte dafür, dass „der Gottesdienst mal rockt und swingt“, denn „sonntags ist hier ja mein Kollege, der Pfarrer Haberl, sonst zuwege. Ach je: Mit solchem Personal hat die Gemeinde echt ‚ne Qual“, lamentierte er. Dann kündigte er „gottesdienstliche Zeitenwende“ an: „Leutchen, was habt ihr für ein Glück! Der Narrenpfaffe ist zurück!“ Und heischte sogleich nach der Gunst des Publikums „Grüßt bitte, das wäre hier schlau, den Narr´n mit kräftigem …“ Da passierte etwas Unerwartetes: Es schallte ihm ein lautstarkes Helau entgegen. Dabei hatte sich der Narr mit seinem Text, an dem er drei Wochen gefeilt hatte, auf einen zunächst zaghaften Faschingsgruß eingestellt. Er schmollte: „Es ist ja allgemein bekannt: Der Protestant ist recht verspannt“. Als Reaktion wollte er sich sogar kurzerhand zu den Katholiken verdrücken: „Ja, drüben, in St. Nikolaus gibt´s für mich sicher mehr Applaus.“ Sie’s drum, das dort drohende Zölibat ließ ihn flugs umkehren. Die Gemeinde dankte es ihm mit einem nun wahrhaft donnernden Helau!

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„Im Leben kann so viel Bezauberndes entsteh´n, wenn wir mal and´re Wege geh´n.“

Ulrich Haberl alias Narrenpfarrer

Der Narr vermag im Menschen was zu verwandeln, davon ist der Prediger überzeugt. Und: „Ihr ahnt´s? In meinen Augen ist der Narren König Jesus Christ.“ Er verkündete im Evangelium bei Lukas für alle Armen und Gefangenen das Gnadenjahr, die Zeitenwende. „Wow! Das ist mal ein starkes Wort. Die neue Zeit beginnt sofort.“ Auch Zeitenwende-Bundeskanzler Olaf Scholz proklamierte Neues mit „einem Rums oder einem Doppel-Wumms, … wenn er sich nicht, wie man oft klagt, in Schweigen hüllt, die Stirne runzelt, und dabei etwas schelmisch schmunzelt“.

Auch bei der Ampel-Regierung, in die man so große Hoffnungen setzte, sieht man inzwischen „Minister heftig streiten. Die klare Linie fehlt beizeiten“. Der Schelm brachte folgendes Beispiel: „Man hat zu lange schon verpennt beim Verkehr das Change-Management“. Nicht „irgendeinen grünen Trampel“ hat die Ampel damit betraut. „Nein die coole Idee war: Dafür sorgt die FDP. Der Wissing soll jetzt ausprobieren, Verkehr zu dekarbonisieren“. Naheliegend wäre das Tempolimit: „Doch da macht der Wissing seinen Fund! Es klingt jetzt lachhaft fast und schlicht: Die Schilder reichen einfach nicht“. Die Posse zeigt: „Wenn man nicht will, dann steh´n Reformen ruckzuck still. Dann ist ganz schnell Ende Gelände mit der erhoffen Zeitenwende.“

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Zugleich litt der Narr im Talar auch mit „uns´ren Politiker-Pimpfen und pimpfinnen“ mit: „Sie haben es unendlich schwer. Wer möchte tauschen, bitte sehr?“ Denn da gibt es ja auch noch Putins Zeitenwende. „Makulatur war‘n über Nacht die Pläne, die man ausgedacht. Statt Windkrafträder hinterm Deich zu bau´n, rumbucklen vor `nem Scheich für dieses blöde Fracking-Gas. Das macht ´nem Grünen nicht grad Spaß“. In die Ukraine „Waffen liefern oder auch nicht? Der Narr wär´ wirklich nicht erpicht darauf, solch Dinge zu entscheiden“. Traurig stellte er fest, „dass ‚Frieden-Schaffen-ohne-Waffen‘ klug wär, wird Putin wohl nicht raffen.“ Zugleich versenken Krieg und Kampf alles in Trümmer, Tränen, Leid und Not, am Ende steht oft nur Tod. Das ist so schwer! „Und immer dann gibt´s Talk-Shows mit Strack-Zimmermann.“ Wiederholt gelang es dem Schelm, in seiner 30-minütigen Predigt mit Sprachwitz auch Schweres behände aufzulösen.

Schließlich berichtete er noch von den Nöten des Pfarrers, denn „ja, auch hier gibt’s ne Zeitenwende“: „Er kam mit frommen Utensilien. Doch jetzt managt er Immobilien. Damit macht man in der Gemeinde sich einige recht leicht zum Feinde“. Der Narr wünschte allen: „Das Schiff, es soll in rauer Zeit nicht untergeh´n in Zwist und Streit. Besser, wenn man mit Zuversicht zur Fahrt in die Zukunft aufbricht“. An dieser Stelle bat der „Gastredner“ um einen zustimmenden Applaus – den er auch bekam.

Sein Fazit: „So ist´s mit mancher Zeitenwende. Sie kommt – und ist dann schnell zu Ende“:
„Und doch vertraut der Narr als Christ
darauf, dass Gott uns nicht vergisst.
Auf allem Leben liegt ein Glanz.
Der Christus reicht die Hand zum Tanz.“

Die Narrenpredigt in voller Länger steht zum Anhören oder als Text zum Herunterladen auf der Website der Drei-Seegemeinde: www.evangelisch-in-herrsching.de/narrenpredigt

Für Sie berichtete Petra Schmieder.

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